Gewaltfreie Kommunikation

Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) wurde von Dr. Marshall Rosenberg in den USA entwickelt. Aufrichtig und einfühlsam miteinander zu sprechen ist das Ziel dieser als lebensbejahend und konstruktiv empfundenen Kommunikation. Mit einer empathischen Haltung sich selbst und dem anderen gegenüber orientiert sie sich an zutiefst menschlichen Bedürfnissen, die zugleich individuell als auch universell sind. Gefühle und Bedürfnisse hängen untrennbar miteinander zusammen, durch die Gefühle werden die zugrundeliegenden Bedürfnisse sichtbar: Anerkennung, Wertschätzung, Sicherheit, Selbständigkeit, Zugehörigkeit, Verständnis, Unterstützung, Leichtigkeit, Klarheit…um nur einige zu nennen. Sie zu erkennen kann eine lösende, befreiende Wirkung haben, insbesondere für den Prozess der Selbstklärung.

Anders als „lebensenfremdende“ oder „trennende“ Kommunikation unterscheidet die GFK zwischen „echten“ Gefühlen und „Pseudo-Gefühlen“, die eher eine Interpretation des Verhaltens anderer darstellen. So machen Sätze wie: „Ich fühle mich ignoriert, ausgenutzt, übergangen, unter Druck gesetzt, vernachlässigt, festgenagelt, provoziert“ noch keine Aussage über die Gefühle. Diese könnten z.B. folgendermaßen ausgedrückt werden: „ Ich fühle mich überfordert, ärgerlich, enttäuscht, unzufrieden, ängstlich, frustriert, hilflos, einsam.“ Nach Dr. Rosenberg sind andere Personen nicht Ursachen, sondern Auslöser für Gefühle, die von eigenen Bedürfnissen und Bewertungen abhängen. Entsprechend unterscheidet die GFK zwischen konkreten Beobachtungen und Bewertungen und vermeidet Zuschreibungen, Unterstellungen, moralische Werturteile und Diagnosen des Verhaltens anderer. Anstelle von Forderungen werden eher Bitten geäußert, die zeitnah und konkret erfüllbar sind. Zusammenfassen kann man die GFK mit zwei Fragen: „Was ist lebendig in mir/Dir?“ Und: „Was würde mein/Dein Leben bereichern?“

Durch die bewusstere Art zu reden und zuzuhören wird eine respektvolle und einfühlsame Form von Aufmerksamkeit sich selbst und anderen gegenüber erfahrbar. Das erhöht die Chance, Bedürfnisse aller würdigen und erfüllen zu können und macht friedliche Koexistenz wahrscheinlicher. Eigene Bedürfnisse werden konstruktiv vermittelt und eigene Ziele selbstbewusster und gelassener vertreten. Nach Dr. Rosenberg entspricht die Freude am einfühlsamen Geben und Nehmen unserem natürlichen Wesen. Menschen haben Freude daran, einander zu unterstützen, denn dadurch werden ebenfalls Bedürfnisse erfüllt.
Mit seinem Gewaltbegriff nennt Dr. Rosenberg alles Gewalt, was die Bedürfnisse nicht ernst nimmt: Die „trennende“ Kommunikation als Beeinflussungs- und Erziehungsmittel übt Manipulation und Macht aus und bringt die Menschen von sich selbst weg. Statt auf Verantwortung und Einsicht zielt sie mit einer selbsternannten Definitionsmacht über Richtig und Falsch im Zwischenmenschlichen auf Schuld, Scham, Strafe, Bedrohung und Belohnung und stellt sich damit über andere.

Die empathische Verbindung in der GFK, bei der in jedem Menschen das zutiefst Menschliche gesehen wird, unterstützt dabei, auch bei unterschiedlichen Vorstellungen und Meinungen in wertschätzendem Kontakt bleiben zu können. In Konfliktsituationen aufrichtig und echt und gleichzeitig verbindend zu agieren, lässt die Ursachen der Streitfälle transparent werden und ermöglicht eine Verständigung. Durch empathisches Zuhören die Beweggründe der anderen Person zu verstehen, reduziert Widerstände und Abwehrreaktionen. In dem Erleben, ernst genommen zu werden, sind Menschen auch bereit, ihr eigenes Verhalten zu ändern.
Nicht immer passt es zur Situation, die eigene innere Bewegung kundzutun. Aber die Haltung macht den Unterschied.

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