Mobbing

Mobbing bezeichnet die Feindseligkeit einer Person oder einer Gruppe gegen einen Einzelnen mit der Absicht, diesen durch systematisches Schikanieren auszugrenzen und „fertigzumachen“.

Die verdeckten und für Außenstehende schwer erkennbaren, destruktiven Handlungen lassen in ihrer Gesamtbetrachtung eine Zielgerichtetheit erkennen. Diese unterscheidet Mobbing von üblichen Meinungsverschiedenheiten und zwischenmenschlichen Konflikten.

Die menschenverachtenden Angriffe setzen da an, wo jeder Mensch verwundbar ist – an psychischen und sozialen Grundbedürfnissen. Jeder braucht Anerkennung, Sicherheit und Zugehörigkeit. Diese Form der psychosozialen Gewalt richtet sich besonders gegen die Selbstsicherheit, Unabhängigkeit und das Ansehen der Person. Häufig liegt ein ungelöster Konflikt zugrunde, der nicht offen und fair ausgetragen wird. Mitunter reicht aber auch Andersartigkeit, um zur Zielscheibe für die Übergriffe zu werden.

Betroffene sind zumeist überrumpelt von den wiederholten, vorwiegend subtilen Angriffen gegen ihre Person. Die Missachtung, die Ablehnung und die unverkennbar schädigende Absicht werden als befremdlich und bedrohlich erlebt. Dem ausgeliefert zu sein wird zunächst häufig als persönliches Versagen empfunden. Gerade wenn ein Anteil an der Eskalation oder ein Auslöser im eigenen Verhalten erkannt wird, fällt es im ersten Schock schwer, dies von der Unverhältnismäßigkeit der Angriffe zu unterscheiden. Diese sind diskriminierend, unerbittlich und haben nicht selten schwerwiegende Folgen: soziale Isolation, Krankheit, Arbeitsunfähigkeit, Suizid.

Auch wenn jeder Einzelfall speziell ist, gibt es doch typische Merkmale im Mobbing-Verlauf:

Allmählich finden sich die Betroffenen in einer ausweglos erscheinenden Gewaltspirale wieder, an der mehrere beteiligt sind. Es wird ihnen die Möglichkeit genommen sich mitzuteilen. Eine Klärung wird vermieden, da Mobber ihre Motive nicht offen darlegen wollen. Ein Mobber sieht sich als Opfer und in der Rolle des Reagierenden, der sich selbst verteidigt – aber nicht offen. Er fühlt sich zumeist unterlegen und einer fairen Auseinandersetzung nicht gewachsen, oder kann nicht für seine Interessen eintreten. Neid stellt einen häufigen Auslöser für Mobbing dar. Das gesellschaftlich schlechte Ansehen von Neid erschwert einen wohlwollenden, konstruktiven Umgang damit. Ein „Neiderreger“ konfrontiert insofern mit schwer aushaltbaren Gefühlen, was bei einer bestimmten psychischen Konstitution und innerhalb ungünstiger Bedingungen wie ein Angriff empfunden werden kann.

Zeugen stehen selten zur Verfügung, und die Strategie der Mobber zielt auf die Diskreditierung der Betroffenen: Sie nehmen die Deutungshoheit für die Konflikte für sich in Anspruch und erklären den Betroffenen zum Problem oder Störenfried.

Wehrt sich ein Betroffener, so wird er in Umkehrung der Verhältnisse als Angreifer beschuldigt. Seine Absichten werden ignoriert und zu seinem Nachteil falsch gedeutet. Unter dem Druck kommt es unweigerlich zu Fehlern und verminderter Arbeitsleistung.

Mitwisser der Schikanen und Diffamierungen („Möglichmacher“, ein Begriff,
den Heinz Leymann prägte) befürchten Benachteiligungen oder haben Angst, selbst gemobbt zu werden, wenn sie dem Betroffenen beistehen. Die Ausgrenzung aktiviert archaische Ängste, die Mitgefühl und Solidarisierung mit den Betroffenen erschweren. Manche der „Ermöglicher“ erfahren auch einen Bedeutungszuwachs und ziehen Vorteile aus deren Notlage.

Zudem wird Verbündung als soziale Kompetenz fehlinterpretiert: Wenn sich Mehrere einig sind gegen Einen, werden die ihre guten Gründe haben, und mit dem Einen muss etwas nicht stimmen. Üblicherweise gibt es eine zentrale Person, die die gezielten Übergriffe inszeniert und das Vorgehen steuert, Mitmacher werden instrumentalisiert. Und je länger der Prozess andauert, umso mehr Personen werden vereinnahmt – manchmal ohne es zu merken.

In Unternehmen wird Mobbing häufig ignoriert, als Tabu behandelt und verleugnet. Diskriminierungen und Konfliktunfähigkeit werden als Makel angesehen. Gemobbt wird in alle hierarchische Richtungen, vorwiegend jedoch zwischen Kollegen auf der gleichen Ebene und von Vorgesetzten gegen Untergebene. Diese greifen entweder selbst an oder ermuntern Mitarbeiter bzw. signalisieren ihr Dulden. Psychoterror wird auch als Mittel der Personalpolitik eingesetzt, um z.B. Mitarbeiter zur Aufgabe ihrer Stelle zu bewegen und Abfindungen einzusparen.

Abgesehen von dem persönlichen Leid der unzähligen Betroffenen bedeutet Mobbing auch hohe Belastungen und Kosten für Unternehmen und Sozialversicherungskassen. Dazu gehören Ausfälle durch Minderung der Arbeitsqualität, Erkrankungen, Frühverrentung und Arbeitslosigkeit.

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